Es war Mitte November und die Regenzeit hatte früher als erwartet eingesetzt. Als wir in Misahuallí, einem kleinen Provinznest, eintrafen, überraschte uns ein schwerer tropischer Regen mit Blitz und Donner. Auf unbefestigten Straßen hatten sich große Wasserlachen gebildet. Wir packten unsere Gummistiefel aus, das einzige Schuhwerk, das hier die Regenzeit übersteht, die von Dezember bis März dauert.
In Misahuallí fließt der gleichnamige Fluss in den Rio Napo. Das Dschungeldorf ist Ausgangspunkt für die unterschiedlichsten Exkursionen. Öltürme und Pipelines sind zum Glück noch nicht bis hierher vorgedrungen. Noch liegt über dem Dorf eine gewisse Beschaulichkeit.
Wir transportierten unser Gepäck zum Ufer, wo Langboote mit Außenborder auf uns warteten. Unter den Sohlen gaben unsere Gummistiefel schmatzende Geräusche von sich. Der Himmel war bedeckt und der Fluss lehmfarben, aufgewühlt vom Regen.
Der Rio Napo ist einer der wasserreichsten Zuflüsse des Amazonas. Er ist relativ flach, kann sich aber im März, am Ende der Regenzeit, auf eine Breite von mehreren hundert Meter ausdehnen. Noch können die Menschen, die zum großen Teil den Amazonien- Quichuas angehören, in diesem dünn besiedelten Gebiet, vom Jagen und Fischen leben. Außerdem roden sie kleine Parzellen Urwald und brennen das Dickicht ab. In die Asche pflanzen sie dann Mais, Maniok, Süßkartoffeln und Bananen, praktisch alles was sie für ihre Ernährung brauchen. Schnell ist man von der Urwaldromantik von Tarzan & Co geheilt, denn Tatsache ist, dass ein Mensch, der nicht in der Lage ist zu jagen oder zu fischen, in dieser grünen Hölle jämmerlich verhungern muss. Der scheinbare Überfluss des Urwaldes existiert nur in luftiger Höhe, in den Kronen der Bäume. Im Kampf um Licht erreichen sie jedoch eine Höhe, die nur noch für Vögel und Affen erreichbar ist.
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