Die Störche von Wiesbaden/ Schierstein

























Schierstein ist ein am Rheinufer gelegener Stadtteil Wiesbadens, mit einem hübschen kleinen Hafen für Freizeitkapitäne, und schönen Spazierwegen unter schattigen Platanen.
Flussabwärts zieht sich ein dreißig Kilometer langes Naturschutzgebiet mit dem Prädikat Europareservat.
Der Rhein ist hier bis zu einem Kilometer breit, mit einer Reihe von Inseln und idyllischen Stillwasserzonen. Im Winter beherberget dieses Gebiet viele Wintergäste aus dem hohen Norden, wie die Gänsesäger und Schellenten.
Der Weißstorch war hier schon immer heimisch. Aber nach dem zweiten Weltkrieg wurde er nicht mehr gesehen. Einer Initiative gelang das ambitionierte Unternehmen den Weißstorch in den siebziger Jahren wieder anzusiedeln. Heute brüten jedes Jahr ungefähr fünfzehn Paare auf künstlichen Horsten, auf Pappeln, Hochspannungsmasten und auf einem ehemaligen Fabrikschornstein an der Hafenpromenade. Im Spätsommer kann man sie in Scharen auf den umliegenden Feldern, mit ihren flügge gewordenen Jungen hinter Traktoren einherschreiten, und die an die Oberfläche gepflügten Insekten verzehren sehen. Die meisten von ihnen ziehen im Herbst in den Süden, nur einige wenige ältere Tiere ziehen es vor, den Winter am Rhein zu verbringen.

Der nicht-katholische Friedhof in Rom
























Er hat viele Namen. Man nennt ihn Ausländerfriedhof, oder Protestanten-friedhof, und auch  nichtkatholische Friedhof. Der Name Ausländerfriedhof scheint mir nicht korrekt, denn es wurden auch Italiener hier begraben. Auch Protestantenfriedhof ist nicht gut gewählt, da auch Orthodoxe an diesem Ort ihre letzte Ruhestädte fanden. Meiner Meinung nach trifft die Bezeichnung nicht-katholische Friedhof am ehesten zu.
Die Italiensehnsucht hat ihren Ursprung nicht in unserer Zeit. Sie entstand genau genommen schon vor zweihundert Jahren. Vor allem Engländer, Deutsche und Russen zog es nach Italien. Die Mehrzahl der hier Begraben befassten sich mit der Kunst. Es waren Maler, Bildhauer, Dichter, Architekten die es in den Süden zog, wo sie dann eines Tages ihr Schicksal ereilte.
Starb jemand in diesem fast ausschließlich katholischen Land, und gehörte einer anderen Religion an, durfte er nicht auf einem der allgemeinen Friedhöfen bestattet werden. So entstand in Rom Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, unweit der Bahnstation Ostia, für jene Verstorbenen der nicht-katholische Friedhof.
Einer von ihnen war Goethes Sohn August, der sich im April 1830 auf eine Reise begab von der er nie zurückkehren sollte. Er erlag im Oktober des gleichen Jahres in Rom einer Pockeninfektion.
Heute ist der nicht-katholische Friedhof, in Nachbarschaft der Cestius Pyramide gelegen,  ein touristischer Magnet. Um ihn herum quietscht und rumpelt die Straßenbahn, Busse und Autos holpern übers Kopfsteinpflaster. Und doch macht sich unter schattigen Pinien im üppigen Grün eine Beschaulichkeit breit, die zum Verweilen einlädt. Es kann sein, dass in einem solchen Moment eine der Wächterinnen der Toten um deine Beine streift: eine der vielen Katzen, die an diesem Ort ein Zuhause gefunden haben. 


Bergwandern am Chimborazo
























In Quito lernte ich eine Gruppe Dänen kennen. Sie planten eine Tagestour bis zur Schneegrenze des Chimborazo, dem Berg, der auf dem ecuadorianischen Wappen abgebildet ist.
Der Chimborazo ist mit seinen 6310 m der Höchste frei stehende Vulkan der Erde, und erstaunlicher Weise, auch der von der Erdmitte am weitesten entfernten Punkt. Hier auf einer Höhe von dreitausend Meter hat er viel von seiner Mächtigkeit verloren. Dennoch macht ihn seine, an klaren Tagen kilometerweit leuchtende Gletscherkappe, zu einer beeindruckenden Erscheinung. Die Tatsache, dass sein Hut aus Eis von oben her schmilzt, zeigt, dass er immer noch lebendig ist, er schläft nur.
Wir hatten Quito an Vortag verlassen, folgten der Panamericana in Richtung Süden. Am frühen Morgen des folgenden Tages starteten wir bei strahlendem Sonnenschein, vorbei an Eukalyptusbäumen und Agaven, in die karge Landschaft der Sierra.
El condor pasa. Wir kennen sie alle aus der Fußgängerzone, in bunten Ponchos mit ihren überdimensionalen Panflöten. Und hier, waren wir in ihrer Heimat. Menschen mit anmutigen bronzefarbenen Gesichtern. Die langen schwarzen Haare zu einem Zopf geflochtenen. Männer wie Frauen tragen Hüte aus Filz. Sie machten einen zurückhaltenden Eindruck. Die Mehrzahl von ihnen lebt als Kleinbauer. Armselige mit Stroh gedeckte Häuschen aus Lehm. Wir fuhren an Kartoffelfeldern vorbei, und wurden daran erinnert, dass die Heimat der vermeintlich deutschen Kartoffel, hier in diesen Höhen liegt.

























Zum Glück waren wir durch den mehrtägigen Aufenthalt in dreitausend Meter Höhe schon etwas an die Höhe gewöhnt. Manuel, unser Führer, lies es langsam angehen. Sein Muli war schnell mit unserem Proviant beladen. Zuerst wanderten wir durch eine grüne, baumlose Landschaft aus Panamagras und Moosen. Es ging auf und ab. Blicke von Schafen und Lamas verfolgten uns. Der Pfad einer alten Handelsstraße führte uns dann durch eine Landschaft aus grauer Vulkanasche, über Schutt- und Geröllhänge. Am Nachmittag erreichten wir in windiger Höhe von fünftausend Metern das Ende eines Gletschers, und unser Ziel, die Whymper-Hütte. Die Aussicht auf ein sanftes stilles Land und ein Pick-nick versöhnten uns mit den Anstrengungen eines Tages.  


Brooklyn, New York
























Rund einen Kilometer lang ist sie, die berühmteste Brücke New Yorks, die Brooklyn Bright. Überquert man sie, kann man es nicht lassen, immer wieder inne zu halten, sich umzudrehen, um einen Blick auf die atemberaubende Skyline Manhattans zu werfen. Man kann auch die F-Tram nehmen. Sie fährt in Brooklyn oberirdisch und die Sicht auf Downtown Manhattan ist ebenso spektakulär. Aber ich finde, wenn man zu Fuß über die Brücke läuft, hat man länger etwas davon.
In Brooklyn angekommen, spaziert man am besten erst mal an der Flusspromenade entlang, um noch einmal in aller Ruhe ein paar Details des Big Apple zu genießen. John Irving lässt den Protagonisten in einem seiner Bücher behaupten: In Brooklyn zu wohnen und auf die Skyline von Manhattan zu schauen ist, wie eine Bockwurst zu essen und dabei auf einen Hummer zu blicken.
Ich finde er tut Brooklyn unrecht. Die meisten Städte auf diesem Erdball laufen Gefahr, beim Vergleich mit Manhattan in Bedeutungslosigkeit zu versinken. Wenn man diese Tatsache einmal berücksichtigt, welche Stadt kann schon mit solch einer Aussicht glänzen.
Viele Prominente hatten und haben Brooklyn für sich entdeckt und zu ihrem Domizil erkoren. Ein Grund ist bestimmt das Tempo, das hier sicher langsamer ist als in Manhattan, aber auch die Menschen, die viel aufgeschlossener sind. Man hat weniger Schwierigkeiten einen Fremden in ein Gespräch zu verwickeln.
Der Geruch von Zimt lockte mich in eine Bakery. Ich kaufte mir einen Zimt-Rosinen Bagel. Dann schlenderte ich genüsslich kauend, vorbei an farbenfrohen Graffitis, nach Fort Greene und kam vor der Leuchtreklame des Brooklyn Moon zum stehen. Happy Hour. Und jetzt einen Cosmo!


Deutsche Seemannsmission Douala, Kamerun



Sechs Uhr morgens. Nach einer Nacht im Flugzeug stand ich nun in der Passkontrolle am Flughafen von Douala in einer endlosen Schlange. Draußen dämmerte der Morgen. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, es schwebte ein zäher Dunst über der Stadt. Waschküchenatmosphäre und eine unerträgliche Hitze mit extrem hoher Luftfeuchtigkeit. Pässe und Visen von zirka zweihundert Reisenden mussten kontrolliert werden. Es dauerte. Über den Köpfen des Flughafenpersonals surrte müde ein Ventilator.

Ein Taxi brachte mich in die Stadt. Die Fenster des altersschwachen Renault waren runtergekurbelt und im Radio dudelte Reggae Musik. Auf der Straße kam uns ein hoch gewachsener splitternackter Mann entgegen. Der Taxifahrer fuhr in einem Bogen um ihn herum. Das ist ein Verrückter, erklärte er mir. In Douala gäbe es eine Menge davon. Er setzte mich vor der Deutschen Seemannsmission ab. Hafenatmosphäre. Rundum armselige Wellblecharchitektur. Im Foyer höre ich jemand Hamburger Dialekt sprechen. Die Frau des Diakons begrüßte mich freundlich. Ich hatte Glück. Sie hatten ein Zimmer für mich. Die deutsche Seemannsmission ist mehr als nur Seelsorge und eine Über-nachtungsmöglichkeit für Seeleute. Sie ist Anlaufstelle für hier lebende Ausländer, aber auch Reisende können hier mit ein bisschen Glück eines der wenigen Zimmer ergattern. Innerhalb des abgeschlossenen Geländes wächst ein Garten, es gibt ein Restaurant mit deutscher Küche, und zur Abkühlung steht ein Swimmingpool zur Verfügung. Am Abend begegnete mir im Restaurant ein Ingenieur aus Cuxhaven. Er erzählte mir, dass er mehrmals die Woche hier herkommt um sich mit anderen hier lebenden Deutschen auszutauschen, oder auch mal an einem deutschsprachigen Gottesdiensten teilzunehmen. Er arbeitete seit neun Monaten in Douala, für einen Europäer bedeutet das: ein Klima an das man sich nie gewöhnt und ein schwieriger Alltag.




Walking Safari im Hwange National Park, Simbabwe
























Aaron, unser Guide von Stamm der Shona, schulterte sein Gewehr und mahnte zum Aufbruch. Mit mir standen noch vier weitere Teilnehmer in festem Schuhwerk und Fotoapparat in der noch milden Morgensonne. Wir formierten uns hinter Aaron zum Gänsemarsch, und schon ging es querfeldein zwischen Gestrüpp und ausgedörrtem Gras. Es dauerte nicht lange, da tauchte auf einmal ein Warzenschwein auf. Ahhh, rief Aaron, da kommt George. Und tatsächlich trottete das Tier gemütlich mit wedelndem Pinselschwanz auf uns zu. Es war sofort klar, dass Aaron und Georges alte Freunde waren. Ich machte den Versuch das Schwein anzufassen, doch das ging ihm zu schnell, es machte erschrocken einen Satz zur Seite.
Weiter setzten wir einen Fuß vor den anderen, lauschten schweigend in die stille Landschaft. Es raschelte in einer Baumgruppe. Aaron gab uns Zeichen stehen zu bleiben. Dann erblickten wir einen kapitalen Wasserbüffel. Er hatte sich mit den Hörnern in einem dornigen Trockenbusch verfangen, und warf gereizt den Kopf hin und her. Nachdem er sich befreien konnte, rannte er, Gott sei Dank, davon. Aaron sagte, man müsse sich vor solchen Einzelgängern in Acht nehmen, die könnten gefährlich werden.
Mit gemischten Gefühlen stiegen wir über niedergetrampelte Sträucher und entwurzelte Bäume, und wateten durch mächtige Haufen Elefantenmist, bis wir auf einmal ein Trompeten vernahmen. Gleich darauf zog eine Herde Elefanten, mit bedächtigen Schritten, fast lautlos an uns vorüber. Die Leitkuh, hob immer wieder den Rüssel witternd in den Wind. Elefanten leben im Matriarchat. Weibliche Elefanten formieren sich mit ihren Kindern zu einer Herde. Wenn die männlichen Jungtiere geschlechtsreif werden, verlassen sie die Gruppe, und schließen sich herumziehenden Bullen an. Die Tiere blieben bald stehen, und rissen in aller Ruhe Zweige von einem Busch mit dem Rüssel ab, und stopft sie sich ins Maul. Sie schienen sich von unserer Harmlosigkeit überzeugt zu haben, uns aber klopfte das Herz vor Aufregung bis zum Hals. Zebras und Gazellen tauchten auf, hörten auf zu grasen, und schauten verwundert zu uns herüber.  



Kota Kinabalu, Borneo
























Nach meiner Tour auf den Mount Kinabalu begab ich mich wieder in die Hauptstadt Kota Kinabalu. Dort wohnte ich ein paar Tage bei einer Familie in einem schmucken, gepflegten Holzhaus, die in einem Seitentrakt ein Zimmer vermietete. Es war nett eingerichtet und sauber und hatte ein eigenes Bad, das sich für mich anfangs etwas seltsam gestaltete. Ein schmaler Raum mit normaler Toilette, und einer Art Regentonne mit einem Stieltopf. In der Mitte des Raumes befand sich der Ablauf für das Wasser. Was zuerst befremdend war, fand ich dann aber sehr praktisch. Duschen mit einem kräftigen Guss aus dem Pott gefiel mir auf einmal besser als das gewohnte Gießkannenprinzip.
Tagsüber floh ich vor der Hitze auf eine der Stadt vorgelagerten, schattigen Inselchen, wo ich ein wenig im kristallklaren Wasser der Sulusee schnorchelte. Schon in geringer Tiefe tummelten sich unzählige tropische Fische.


In diesem Haus wurde mir erst bewusst, dass auf Sabah viele Religionen friedlich nebeneinander existierten. Oft hörte ich am Abend vom Turm einer Moschee den Muezzin rufen, oder es drangen am frühen Morgen christliche Gesänge aus einem unscheinbaren Kirchlein in mein Zimmer. Eines abends hatte mich auf der Terrasse auf einem der schönen Rattansessel niedergelassen. Der kleine Bayu schlich um mich herum und beäugte mich neugierig. Der Bruder meiner Vermieterin gesellte sich zu mir und ich sprach ihn auf meine Beobachtung an. Er meinte daraufhin, die Zugehörigkeit zu einer Religion wäre auf Saba kein Problem. Das beste Beispiel wäre seine eigene Familie. Seine Eltern und auch seine Schwester wären Muslime. Er wäre zum Buddhismus übergetreten, seine Frau aber wäre Christin. Ich muss sagen, das hatte mir sehr gefallen.