Berggorillas in Uganda Teil 5

Die Fahrt ging ruhig weiter. Der Zug schlängelte sich durch kleine Ansiedlungen. Oft konnte man in einer Kurve sowohl den Anfang als auch das Ende des Zuges sehen. Weißer Rauch stieg aus einem schwarzen Schornstein. Wir fuhren an mit Palmblatt bedeckten Lehmhütten und Wellblechdächern vorbei. Im Schatten von Bananenbäumen dösten Esel und Kühe vor sich hin. Kinder standen barfuß am Rand der Gleise und winkten uns fröhlich zu. Ihre weißen Zähne blitzten in der Sonne. Vorbei an Telegraphenmasten, an Tee und Kaffeefeldern näherten wir und dem Victoriasee.                                                                
                                               
                                                   
                                                                                                
Die Bezeichnung Meer würde vielleicht besser zutreffen. Er ist sage und schreibe 13-mal so groß wie der Bodensee, der drittgrößte See der Welt. Zunächst war aber nicht viel von ihm zu sehen. Das Ufer war kilometerweit mit einem dichten Pflanzengürtel aus Wasserhyazinthen überwuchert. Nur in der Ferne spiegelte sich eine blau-silberne Wasserfläche. Fischer in kleinen Holzbooten kämpften sich durch diesen Dschungel. Man konnte sehen, dass es harte Arbeit war, bis sie das offene Wasser erreichten.
Wir überquerten einen Fluss. Mein kenianischer Nachbar machte mich darauf aufmerksam, dass es sich um den weißen Nil handelte. Lange rätselte man darüber wie und wo dieser mächtige Fluss seinen Ursprung hat. Nach unzähligen Expeditionen fand man heraus, dass der Nil zwei Quellflüsse hat. Der weiße Nil hat viele Quellen. Alle entspringt in den Mondbergen, einen mächtigen Gebirge über 5000 m Höhe, das Uganda vom Kongo trennt, mit schneebedeckten Eisgipfeln mitten am Äquator. Das Wasser sucht sich durch Schluchten und über Wasserfälle seinen Weg, verschwindet im Victoriasee um ihn im Norden wieder zu verlassen.
 
Der blaue Nil hat seinen Ursprung im äthiopischen Hochland. Erst im Sudan treffen beide Flüsse zusammen und strömen vereinigt als Lebensader Afrikas weitere 2000 km, bevor sie sich als Nil in einem gewaltigen Delta im Mittelmeer ergießen.

Berggorillas in Uganda Teil 4


Ein paar Stunden später wurde ich wach. Ein großer gelber Mond schien zum Fenster herein. Die Lok quälte sich die Kikuyu Berge empor. Ich öffnete das Fenster und späte in die Dunkelheit. Ich konnte die Silhouette von Nadelbäumen erkennen und schloss daraus, dass der Zug den Pass in 2300 Meter Höhe fast erreicht hatte. Wenig später tuckerten wir das Great Rift Valley entlang. 

Der Ostafrikanischen Grabenbruch entstand durch eine Kontinentalverschiebung. Er hat eine Länge von über  6000 km. Zwei Erdplatten driften hier auseinander. Schemenhaft sah ich die Großartigkeit dieser Landschaft. Es war kalt. Ich schloss das Fenster, streckte mich wieder auf meiner Liege aus und schaute in die Nacht. Der Sternenhimmel war beeindruckend. Ich suchte den Himmel nach Sternbildern ab. Der Mond verschwand hinter einer Wolke und das gleichmäßige, melancholische Rattern des Zuges wiegte mich erneut in den Schlaf. Irgendwann in der Nacht wurde ich geweckt. Wir hatten die Grenze von Uganda erreicht. Zollbeamte und Polizei liefen durch die Abteile, prüften Pässe und Einreisegenehmigungen. Es dauerte. Ich versuchte weiter zu schlafen. Als ich das nächste Mal aufwachte war es taghell und ich hatte das Gefühl rückwärts zu fahren. Draußen auf dem Gang stand am Fenster ein junger Afrikaner. Es war mein Nachbar aus dem Abteil von nebenan. Er sagt mir, dass an der Grenze zu Uganda die Lok gewechselt wurde. Sie sei aber für die hügelige Landschaft zu schwach. Der Zug nahm einen neuen Anlauf, jedoch vergebens. Erst beim dritten Versuch gelang es ihm den Hügel zu überwinden. Grüne Felder zogen im Bummeltempo an uns vorbei. Wir unterhielten uns, die Arme auf dem offenen Fenster gestützt. Er ist auf Geschäftsreise, erzählte er mir. Er verkauft Kinderbücher für einen Verlag. Ich staunte.
                                                                                         

Berggorillas in Uganda Teil 3

Wie empfohlen kam ich eine Stunde vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof an. Der Zug stand bereits am Gleis. Auf dem Bahnsteig tummelte sich eine lärmende Menschenmasse. Familien die ihre Angehörigen zur Bahn brachten. Adrett gekleidete Frauen in Faltenröcken, oder in bunte, traditionelle Kleider gehüllt. Frisuren aufgetürmt wie Vogelnester, oder das krause Haar unter bunten Tüchern versteckt. Männer in schlecht sitzenden Anzügen und blütenweißen Hemden. Kinder mit großen schwarzen Augen. Kleine Mädchen mit unschuldigen Gesichtern, das Haar in Zöpfchen gebändigt und Schleifen im Haar.
 
Gepäckträger zwängten sich durch die Menge, beladen mit den seltsamsten Dingen. Ich zwängte mich mit meinem Rucksack durch das Getümmel und bestieg den Zug. Im erster Klasse Abteil fand ich zwei Liegen vor. Ich legte meinen Rucksack ab, und trat wieder zurück in den Flur ans offene Fenster um dem bunten Treiben zu zuschauen. Kinder verkauften den Reisenden Wasser, Coca Cola, gelb leuchtende Mangos und grüne Papaya. Einige boten auch Reisgerichte, gegrillte Maikolben und Kochbananen an. Auf einmal strömten alle in den Zug, Türen wurden zugeschlagen und die Lok setzte sich langsam, schnaubend in Bewegung. Ich stand noch eine Weile am Fenster und schaute wie die die Stadt an mir vorüberzog. Die Dämmerung nahte schnell und als wir im Süden der Stadt einen Slum passierten, konnte ich nur noch die Silhouette der Wellblecharchitektur erkennen. Ich streckte mich auf meiner Liege aus. Nach einem Tag voll gepackt mit Eindrücken wurde ich vom gleichmäßigen Rumpeln der Räder davongetragen.